Der Pariser Fotograf dokumentiert Subkulturen mit Schneid, Realismus und verdammt viel Liebe.
Eigentlich hatte Melchior Tersen nie geplant, Fotograf zu werden. Zu Schulzeiten gehörte sein Herz dem Metal. Er und seine Freunde reisten in ihren Slipknot-Hoodies zu jedem Konzert, das in Reichweite war. Meist hingen sie danach noch rum, stets in der Hoffnung, die Bands zu treffen. Irgendwann fing Tersen an, seine kleine Digitalkamera mitzunehmen, und bevor er sich versah, setzten ihn die Musiker auf die Gästeliste, damit er die Konzerte dokumentierte. „Als ich mit der Fotografie anfing, hatte ich noch keine Ahnung, was ich mal beruflich machen wollte“, erklärt er. „Ich handelte instinktiv. Und mit der Zeit wurde es einfach mein Ding.“
Für jemanden, der zufällig in die Fotografie gerutscht ist, hat er sich einen beachtlichen Ruf mit seinem Reportagenstil erarbeitet, der bei seinen Metalfreunden ebenso Anklang findet wie in der Modewelt. „Ich versuche in meinem künstlerischen Ansatz einfach aufrichtig zu sein“, sagt Tersen. „Ich verändere nichts, nichts ist gestellt, sondern es geht vielmehr um die Story, den Kontext.“
„Als ich mit der Fotografie anfing, hatte ich noch keine Ahnung, was ich mal beruflich machen wollte“, erklärt er. „Ich handelte instinktiv. Und mit der Zeit wurde es einfach mein Ding.“
Die Story dahinter kann alles sein, von der Ästhetik französischer Fußball-Hooligans bis hin zur Messekultur der Sexindustrie. „Wenn ich etwas erschaffe, gibt es natürlich immer unbewusste Einflüsse, aber ich versuche trotzdem neue Aspekte einzufangen, die meiner Meinung nach bisher kaum oder gar nicht beachtet wurden“, erklärt Tersen. Tief verbunden fühlt er sich dem DIY-Gedanken: Er hat allein 2017 sechs Bücher und Magazine im Eigenverlag veröffentlicht. Doch das Werk, das ihm am meisten am Herzen liegt, ist sein Buch Killing Technology von 2016. Es ist eine Liebeserklärung an die Metalszene und ihre mit Aufnähern übersäten Kutten, herausgegeben von Headbangers Publishing und unter der künstlerischen Leitung von Etude Studio. „Ich habe damit vollkommen amateurhaft angefangen und letztendlich hat es sich zu etwas Wunderschönem entwickelt“, sagt Tersen. Es gab sogar eine Release-Party im Colette in Paris. „Ich habe dem Sänger von Metallica live im Fernsehen ein Buch signiert!“, freut sich der Fotograf.
Und auch 2018 wird Tersen einiges zu tun haben. Er plant bereits ein neues Buch, das noch top secret ist, zudem Ausstellungen in ganz Frankreich und seine erste Show in New York. Trotzdem gehen ihm noch lange nicht die Ideen aus. „Ich würde gerne ein Buch über Touristen-T-Shirts machen“, erzählt er. „Und wenn es eine Nummer größer geht, würde ich gerne einen eigenen Space in Paris eröffnen. Es ist eine großartige Stadt, die aber mehrere Jahrzehnte geschlafen hat. Es gibt jede Menge Talente in Frankreich. Ich möchte einen anständigen Anlaufpunkt dafür schaffen – einladend aber auch ernst, wo man sich wohl fühlt, mit einem kleinen Garten, wo man sich einfach was Schönes angucken kann. Das ist mein Traum.“ Wenn Tersen so weitermacht, muss das kein Traum bleiben.